Schwarzwurzel – die inneren Werte zählen

Der erste Eindruck bei diesem Wintergemüse täuscht: Die Schwarzwurzel ist keine Schönheit, punktet aber mit ihrem Geschmack und ihren gesunden Inhaltsstoffen. Deshalb feiert die früher als «Spargel des armen Mannes» bezeichnete Wurzel zu Recht ein Comeback.
Das feine Wurzelgemüse für den Winter
Schwarzwurzeln haben ein mildes Aroma, schmecken leicht nussartig und etwas würzig. Sie sind innen weiss, die Konsistenz ähnelt der von Rüebli oder Pastinaken. In Butter gedämpft oder weichgekocht, als Suppe, gratiniert oder im Ausbackteig, gelten die Schwarzwurzeln als eines der feinsten Wurzelgemüse.
Die Schwarzwurzel zuzubereiten ist nicht ganz einfach: Der austretende Milchsaft verfärbt die Hände und hinterlässt klebrige Rückstände. Es empfiehlt sich, beim Rüsten Gummihandschuhe zu tragen. Alternativ kann sie auch unter fließendem Wasser oder in einer großen Schüssel in Essigwasser geschält werden.
Ideal für eine gesunde Ernährung
Die Schwarzwurzel ist kalorienarm und leicht zu verdauen. Sie hat mit 78% einen eher geringen Wasseranteil, ist aber reich an Nährstoffen. Die Schwarzwurzel enthält unter anderem viel Vitamin E sowie auch Vitamin A, C und verschiedene B-Vitamine. Besonders reichlich vorhanden sind die Mineralstoffe Kalzium und Phosphor, aber auch Kalium, Eisen und Magnesium. Dank dem enthaltenen Inulin ist das Gemüse ideal für Diabetiker, dieser Ballaststoff fördert den Fettstoffwechsel und eine gute Darmflora.
Lange im Boden
Schwarzwurzeln werden Ende März, anfangs April in einen humosen, tiefgründigen und gut gedüngten Boden gesät. Im ersten Jahr bildet sich eine Blattrosette und eine 20 bis 35 cm lange und 1,5 bis 4 cm dicke Pfahlwurzel. Schwarzwurzel haben eine sehr lange Kulturdauer, sie können erst ab Oktober geerntet werden. Dabei müssen die Bauern sehr sorgfältig vorgehen, da die Wurzeln leicht brechen. Die Wurzel ist winterhart und kann deshalb den ganzen Winter im Beet gelassen und bei Bedarf geerntet werden. Lässt man die Pflanze überwintern, blüht sie im zweiten Jahr gelb.
Vom Trendgemüse am Französischen Hof zur «Spargel des armen Mannes»
Die Schwarzwurzel wird erst seit dem 17. Jahrhundert als Gemüse verwendet. Davor wurde sie primär als Arzneimittel gegen Schlangenbisse (mittlerweile widerlegt), andere Gifte und Herzkrankheiten eingesetzt. Auch der Sonnenkönig Louis XIV schwor auf die Wirkung der Wurzel, er liess sie in grossen Mengen anbauen. Er war überzeugt, damit seinen durch üppige Mahlzeiten verdorbenen Magen wieder ins Lot bringen zu können. Und tatsächlich: die Schwarzwurzel enthält magenschonende Schleimstoffe. Durch den Hype am französischen Hof war die Wurzel bald in ganz Europa in Mode. Im 19. Jahrhundert gewann die Schwarzwurzel zudem eine Bedeutung als Futterpflanze für die Seidenraupe: Maulbeerbäume, die eigentliche Futterpflanze der Raupen, sind nicht winterhart, die Versorgung mit Blättern war im Winter deshalb nicht gewährleistet. Die Blätter der Schwarzwurzel dienten teilweise als Ersatz. Im 20. Jahrhundert war die Schwarzwurzel nicht mehr «en vogue», sie verkam zur «Spargel des armen Mannes». Heute erlebt sie ein Comeback, wie viele andere alte Gemüsesorten wurde sie in den letzten Jahren wiederentdeckt und sorgt im Winter wieder für Abwechslung auf dem Teller.
Das passende Rezept: Schwarzwurzelsuppe mit geröstetem Federkohl